das biologische Geschlecht I – Chromosomen

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Das biologische Geschlecht ist so schön übersichtlich. Nope, nicht einfach zweigeteilt, aber eben prima fassbar – als Biologe liebe ich einfache Schubladen, die nach hinten immer chaotischer werden (ja, manchmal braucht es etwas länger, bis ich passende Socken gefunden habe)…

Biologisch betrachtet wird das Geschlecht, insbesondere des Menschen, an insgesamt sieben Kategorien festgemacht: Chromosomen, relative Hormonniveaus, Reaktion der Gewebe auf Hormone, Gonaden (die Organe, die die Geschlechtszellen herstellen), innere Geschlechtsorgane, äußere Geschlechtsorgane und sekundäre Geschlechtsmerkmale. Schauen wir uns diese Merkmale einfach mal nacheinander an.

Die meisten Menschen tragen in ihren Zellen an Geschlechtschromosomen (Gonosomen 1) entweder zwei X-Chromosomen oder ein X- und ein Y-Chromosom. Das gibt dann auf zellulärer Ebene Auskunft über das biologische Geschlecht. XX: weiblich, XY: männlich.
Das Standardprogramm für die Entwicklung eines Embryos ist „weiblich“, auf dem Y-Chromosom ist – fast –  nichts anderes abgespeichert als der Schalter für „männlich“. Wenn mehr als ein X-Chromosom in einer Zelle vorhanden ist, werden alle weiteren als Barr-Körperchen funktionell (zum Großteil) abgeschaltet.
Von all unseren Chromosomen sind die Gonosomen am flexibelsten, was die Anzahl angeht. Das bedeutet, wenn wir bei den restlichen 44 Chromosomen (Autosomen) eine Verdoppelung oder einen Ausfall eines Chromosoms beobachten, dann führt dies in den meisten Fällen zu nicht mit dem Leben vereinbaren Fehlbildungen (Ausnahmen: Trisomie 21 und die Trisomien 8, 13 und 18, die drei letzten kommen derzeit allerdings mit sehr geringen Lebenserwartungen zur Welt 2). Was die Gonosomen angeht kann man fast behaupten, so lange ein funktionierendes X-Chromosom vorhanden ist, ist alles in Ordnung. Ok, es gibt häufig eine Einschränkung der Fruchtbarkeit bei betroffenen Individuen und auch in verschiedenen Maße weitere Besonderheiten, doch mit den Gonosomensätzen XO (3), XXY (4), XXX (5), XYY (6) und anderen lässt es sich ganz gut leben und manche Betroffene bekommen davon auch nichts mit.
Will sagen: auf chromosomaler Ebene bekommen wir nicht alle Menschen sauber in die beiden Töpfchen „männlich“ und „weiblich“ sortiert.

(1) Wiki zu Gonosomen; (2) ; (3) Wiki: X0, auch Turner-Syndrom genannt; (4) Wiki: XXY, auch Klinefelder-Syndrom genannt; (5) Wiki: XXX, auchTriple-X-Syndrom genannt; (6) Wiki: XYY-Syndrom

Autor: Björn Melzer

Promovierter Botaniker, der ganz viel über Bienchen und Blümchen weiß. Und sich seit Jahrzehnten mit Sexologie beschäftigt.

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